Motivieren heißt nicht manipulieren (andere zu unserem Vorteil beeinflussen, ohne dass es diesen bewusst wird). Wir manipulieren, wenn wir den Handlungsspielraum unserer Mitarbeiter heimlich auf eine vorbestimmte Möglichkeit reduzieren. Die Mitarbeiter sind in diesem Fall verführt und nicht geführt. Motivieren heißt, das freiwillige Engagement (die Leistungsbereitschaft, das persönliche Wollen) der Mitarbeiter für gemeinsame Ziele zu gewinnen. Motivieren heißt auch, einen Mitarbeiter zu veranlassen, ein altes Verhaltensmuster zugunsten eines neuen aufzugeben (ein unbefriedigtes Bedürfnis ansprechen und aufzeigen, durch welches Verhalten es befriedigt werden kann).
Das Geheimnis der Motivation
Je besser der andere sich die Zielsituation vorstellen kann, desto motivierter wird er. In der Praxis bedeutet das:
- die Bedürfnisse des Mitarbeiters erkennen
- die Bedürfnisbefriedigung als Ziel definieren
- das Verhalten suggerieren, das ihn ans Ziel bringt – bzw. das Ziel so präzise beschreiben, dass er von alleine das Verhalten zeigt, das ihn ans Ziel bringt.
Diese Erkenntnisse spiegeln sich in den Ergebnissen hunderter Workshops, die ich als Moderator zum Thema Mitarbeitermotivation durchgeführt habe. Neben diesen Aspekten sind auch Ziele von besonderer Bedeutung:
Kooperative Zielvereinbarungen
Das Leistungsverhalten von fachlich qualifizierten, selbstständigen und selbstbewussten Mitarbeitern lässt sich immer weniger durch Druck von außen steuern. Erfolg versprechend ist folglich, die Mitarbeiter in die Leistungserstellung, beispielsweise durch kooperative Zielvereinbarungen, einzubinden. Auch hierbei kommt es darauf an, die Bedürfnisse der Mitarbeiter zu erkennen und anzusprechen. Der Grund: Unbefriedigte Bedürfnisse wirken sich leistungsmotivierend aus. Ein befriedigtes Bedürfnis hört dagegen auf, als Motivation wirksam zu sein. Die motivierende Rolle müssen dann höhere Bedürfnisse übernehmen. Motivation ist aber kein einmaliger oder statischer Vorgang. Dauerhafte Motivation kann nur durch die ständige Berücksichtigung sich verändernder Menschen und Situationen erreicht werden. Auch reagiert nicht jeder Mensch gleich auf die Motivationsversuche, denn die Bedürfnis- und Motivationsstrukturen der Menschen sind sehr unterschiedlich. Motivieren ist insofern die Kunst, für jeden Mitarbeiter in unterschiedlichen Situationen das richtige Maß der Führung zu finden. Dafür ist es aber wichtig zu wissen, dass sich Leistung aus folgenden drei Dimensionen zusammensetzt:
- Leistungsbereitschaft (das Wollen des Mitarbeiters)
- Leistungsfähigkeit (das Können – die Fähigkeiten und Kenntnisse des Mitarbeiters)
- Leistungsmöglichkeit (das Dürfen – die Rahmenbedingungen, beispielsweise Arbeitsplatzgestaltung, verfügbare technische Mittel, Werkzeuge etc.).
Werden diese Dimensionen auf die Verantwortung des Mitarbeiters und auf die Verantwortung der Führungskraft verteilt, so fällt nach der Verhaltensforschung die Leistungsbereitschaft – diese soll ja durch die Motivation gesteigert werden – grundsätzlich in die Verantwortung des Mitarbeiters. Leistungsbereitschaft ist damit Sache des einzelnen Mitarbeiters, nicht der Führungskraft.
Das Problem der „Motivierung“
Der Versuch, ohne Partizipierung der Mitarbeiter eine entsprechende Unternehmenskultur „von oben“ zu gestalten, scheitert daher, weil alle Motivierung sich am Ende als Demotivierung entpuppt. Sicher ist jedenfalls, dass sich die Motivation des Mitarbeiters in dem Maße verringert, in dem die Führungskraft die Leistungsbereitschaft des Mitarbeiters in Zweifel zieht und lediglich anzustacheln versucht, beispielsweise durch finanzielle Leistungsanreize. Das Scheitern der Motivierung wird besonders offensichtlich, wenn man sich vor Augen führt, dass Leistung sich immer aus dem Zusammenspiel aller drei Dimensionen ergibt. Die Motivierung zielt aber – und das ist außerordentlich wichtig – lediglich auf die Leistungsbereitschaft. Liegt aber bei schwacher Leistung die Ursache in mangelnder Leistungsfähigkeit (zum Beispiel, weil der Mitarbeiter nicht die notwendigen Kenntnisse besitzt) oder gar fehlender Leistungsmöglichkeit (beispielsweise weil der Arbeitsplatz schlecht ausgestattet ist, das benötigte Material oder Werkzeuge fehlen), dann muss jeder Motivierungsversuch scheitern. Der Mitarbeiter will zwar Leistung bringen, kann es aber gar nicht. Sie ändern dann mit dem Motivierungsversuch im positiven Fall nichts am Problem der schwachen Leistung. Im ungünstigsten Fall zerstören Sie sogar das, was vielleicht noch intakt war: die Leistungsbereitschaft. Die Partizipierung klann auch über periodisch durchgeführte Workshops in Kooperation mit einem Moderator unterstützend gefördert werden.