Tipps zum Verhandeln

Als Moderator von Workshops konnte ich meine Erfahrungen im Bereich des Verhandelns als Lektor an einer Fachhochschule weitergeben. Denn Verhandeln ist im Alltag präsenter als wir denken: Wir verhandeln täglich in unterschiedlichen Situationen, nicht nur im Verkäufer-Käufer-Kontext. Schon jedes Kind übt sich ständig im Verhandeln. „Muss ich tatsächlich um zehn Uhr schon ins Bett?“ Nach längerem Hin und Her dürfen die Kleinen eine halbe Stunde länger aufbleiben. Oder man fordert von seinem Mitarbeiter noch heute einen Bericht – den er seines Erachtens erst morgen erstellen kann.

Bewerbungsgespräche sind Verhandlungen, ebenso wie Teamsitzungen, in denen Arbeitspakte verteilt werden, auf übergeordneter Ebene sind es Verhandlungen politischer Parteien über Koalitionen, einzelner Staaten über Zoll- und Währungsfragen.

Verfügen alle Beteiligten über vergleichbare Machtmittel, spielt das Grundprinzip jeglicher Verhandlung: „Ich gebe: damit du gibst.“ Nur wenn auf einer Seite eine Übermacht besteht, endet die Verhandlung ohne Kompromisse. Wer übermächtig ist, handelt meist selbstherrlich.

 

Früher waren Verhandlungspartner ausschließlich auf ihren Instinkt und ihre Begabung angewiesen. Heute sind die Verhandlungstechniken bekannt und erlernbar. In der scheinbar schwer erfassbaren Verhandlungskunst gibt es theoretische und experimentelle Erkenntnisse, die alltagstauglich sind. Ziel soll es nicht sein, einen Sieger oder einen Verlierer zu erzeugen, sondern eine oft kreative, alternative Win-Win-Situation zu finden.

 

 

Die sechs Phasen der Verhandlung

Folgenden Phasen sollte jede Verhandlung zugrundeliegen:

1. Begrüßung

2. Einleitung des Gesprächs. Wir erstellen eine gemeinsame Ausgangsbasis.

3. Eigene Position A begründen lassen. (Vorteile/Nachteile)

4. Partner Position B begründen lassen. (Vorteile/Nachteile). Partner nicht unterbrechen! Vollständig ausreden lassen.

5. Gegenvorschläge unterbreiten. Alternativen entwickeln. Partner Rückzug erleichtern. Zwischenergebnisse absichern.

6. Ergebnis mit Abschluss, z.B. einem Vertrag

Optimistisch sein, gewinnen, ohne zu siegen

Jeder muss das Gesicht wahren können. Keiner darf das Gefühl haben: „Ich werde ausgenutzt.“ Verhandeln heißt: jeder muss zu einem positiven Ergebnis kommen.

Objektive Gegebenheiten können subjektiv unterschiedlich beurteilt werden. Wer kennt nicht den Pessimisten, der vor einem ‚halbleeren‘ Glas sitzt. Wie gut hat es dagegen der Optimist, der noch in ein ‚halbvolles‘ Glas hineinschaut.

Vorbereitung – Überlegungen zur eigenen Position

  1. Das Wunschergebnis kennen
  2. Dabei aber offen für neue Ideen bleiben
  3. Wissen, was man nicht will
  4. Die eigenen Grenzen kennen
  5. Die Verhandlungsmasse, den Gegenstand inkl. aller Details und Infos kennen.
  6. Die eigenen Stärken und Schwächen kennen
  7. Die Idealposition, die realistische Position und die Rückzugsposition kennen. Die Kräfteverteilung kennen.
  8. Entscheidend ist auch grundsätzlich, ob man mit mehreren Parteien oder als Vertreter für mehrere Parteien verhandelt.
  9. Im internationalen Kontext sind auch interkulturelle Rahmenbedingungen zu klären.

Überlegungen zur Gegenpartei

  1. Was könnte sie wollen?
  2. Wo könnten ihre Grenzen liegen?
  3. Was könnte sie als Verhandlungsmasse anbieten?
  4. Wo liegen ihre Stärken und Schwächen?
  5. Wie könnte ihre Idealposition, die akzeptable Position und die Rückzugsposition aussehen?
  6. Wie viel Macht hat sie verglichen mit mir?

Bei komplexen Verhandlungen empfiehlt sich auch ein Workshop, der mit Moderator durchgeführt wird. Der Vorteil der Beiziehung des Moderators ist, dass dieser gezielt Techniken anwendet, die verhandelnden Parteien aus ihren starren Positionen zu locken und kreative und alternative Lösungsstrategien im Workshop erarbeitet werden können.